2013 „Intimität“

„Intimität. Geschlechterwissenschaftliche Perspektiven“

3. Jahrestagung der wissenschaftlichen Fachgesellschaft Geschlechterstudien/Gender Studies Association
15./16. Februar 2013, Goethe-Universität Frankfurt am Main

Weiterführende Informationen zur Jahrestagung

Vier Tagungsbeiträge (von Buschmeyer/Tolasch, Liebsch, Stempfhuber und Vukadinović) sind im Heft 1/2014 der Zeitschrift Feministische Studien erschienen.

Tagungsbericht von Veronika Duma in der Zeitschrift GENDER (3/2014)

Programm der Jahrestagung

Abstracts der Beiträge zur Jahrestagung

Foren Jahrestagung

Thema

Geschlechterverhältnisse gehen ‚unter die Haut‘ (Barbara Duden) – dies ist für die Gender Studies eine zentrale Einsicht. Damit werden, unter Anknüpfung an vielfältige disziplinäre, theoretische und empirische Perspektiven, unter anderem die affektiven und prä-reflexiven Qualitäten des Geschlechtlichen thematisiert. Wenn von Intimität die Rede ist, stehen folglich oft die körperleiblichen Aspekte vergeschlechtlichter Verhältnisse im Mittelpunkt. In den Gender Studies ist dies zudem eng verwoben mit feministischen Positionen und Praktiken, die auf die immanent politische Dimension von Intimität aufmerksam machen, etwa im Zusammenhang mit Sexualität oder (nahräumlicher) Gewalt. In der sozial- und kulturwissenschaftlichen Geschlechterforschung wurden und werden diese Zusammenhänge auch aus intersektionaler Perspektive insbesondere entlang der Verklammerung von Privatem und Öffentlichem verhandelt. Jüngste (Re-) Thematisierungen von Emotionen – bisweilen als ‚emotional/affective turn‘ – reflektieren deren historische Entwicklungen, Verkörperungen (embodiment) und ihre, vor allem in der Queer Theory, diskutierten anti-sozialen Dimensionen.

‚Intimität‘ wird für die Tagung bewusst nicht disziplinär, methodisch oder empirisch vordefiniert, jedoch dezidiert geschlechterwissenschaftlich fokussiert. Vor diesem Hintergrund werden vielfache (Forschungs-)Fragen thematisiert, die multidisziplinär und multiperspektivisch angelegt sind.

Programm

Freitag 15.02.2013

10:00 Uhr Anmeldungsbeginn

10:30 -12:30 Uhr KEG und FG Gender
Susanne Völker/ Dirk Schulz (Uni Köln): ‚Exzellenz‘, Institution und Kritik – Bedingungen für Gender und Queer Studies reformulieren!

12:30-13:00 Uhr Pause

13:00-13:30 Uhr Begrüßung

13.30-15.00 Uhr Panel 1

Patrick Henze: Befreite Sexualität? – Intimes als Politikum in der Schwulenbewegung der 1970er Jahre
Nadine Sanitter: “I love this epic porn and love fest”. Intimität in (Buddy)Slash-Fanfi ction
Doreen Kruppa: NUR gute Freund*innen – Intimität und Freundschaft in der Beziehungsforschung – eine (heteronormativitäts-)kritische Reflexion

15:00-15:30 Uhr Pause

15:30-17:00 Uhr Panel 2

Feng-Mei Heberer: Lesbian Factory – über die Rhetorik des Protestes und die Ware Liebe
Vojin Saša Vukadinovic: „schreibt auf. unsere haut“. Zur Anti-Intimität des RAF Gefangenenkollektivs in den 1970er Jahren
Anil Al-Rebholz: Globalisierte Familien – Transnationale Intimität: Aushandlungen von Männlichkeit und Weiblichkeit im Migrationskontext

17:00-17:30 Uhr Pause

17:30-19:00 Uhr Panel 3

Anna Buschmeyer/Eva Tolasch: (Ver)Handlungen von Intimität in Grenzüberschreitungen
Susanne Lemke: Grenzen der Intimität? Die Symbolisierung von Geschlecht im Kontext von Beschneidungen
Susanne Schmitt: Sexualität im Wissenschaftsmuseum. Perspektiven der sensorischen Ethnographie auf intime Begegnungen an einem halböffentlichen Ort

19:00 Uhr Buffet & Loungemusik

Samstag 16.02.2013

09:00-10:00 Uhr Foren
Die Foren bieten die Möglichkeit zum Austausch oder zur Vernetzung zu unterschiedlichsten Themen.

10:00-11:15 Uhr Mitgliederversammlung der FG Gender

11:15-11:30 Uhr Pause

11:30-13:00 Uhr Panel 4

Waltraud Ernst: Das Erotische als begrenztes Feld der Wissensproduktion
Katja Sander: Juridische Regime der Intimität
Katharina Liebsch: Intimität des Genetischen?
Anerkennung und Legitimität einer neuen Form von Schutzbedürftigkeit

13:00-14:00 Uhr Pause mit Mittagsimbiss

14:00-15:30 Uhr Panel 5

Sebastian Zilles: Unter Männern: Zwischen Nähe und Distanz. Literarische Männerbünde im interdisziplinären Vergleich
Anja Michaelsen: „Intime Öffentlichkeit“: Zum Allgemeinwerden marginalisierter Positionen in sentimentaler Populärkultur
Martin Stempfhuber: Limited Intimacy? (Anti-)Sozialität im Fall von Grindr und ihre geschlechtsspe- zifischen Implikationen

15:30-16:00 Uhr Abschluss


Initiator_innen von Foren melden sich bitte bis spätestens 08.02.2013 bei den Veranstalter_innen unter
Frankfurt2013@gffz.de.

Foren

Abstracts zur Tagung

Foren

Samstag, 16.2., 9-10h

Charlotte Ullrich/Eva Sänger
Gesundheit, Alltagskultur und Geschlecht
Forum 1

Der Umgang mit Gesundheit steht zunehmend unter den Vorzeichen von Eigenverantwortung, Selbstoptimierung und Risikobewusstsein. Inwieweit diese Individualisierungstendenzen allerdings nicht zu einer Auflösung, sondern vielmehr zu einer Rekonfiguration der Wirkmächtigkeit von Vergeschlechtlichungen führen ist eine weitgehend offene Frage. In diesem Forum wollen wir auf der Grundlage der Forschungsprojekte der Teilnehmer_innen darüber diskutieren, wie „Gesundheit“ im Alltag und in alltäglichen Praxen ver- und ausgehandelt wird; wie und wo Gesundheit in neuem (oder auch altem) vergeschlechtlichten Gewand in der Lebenswelt auftritt. Mögliche Themen dieser Diskussion sind:

−    historische und zeitgenössische Umgangsweisen mit dem Körper unter dem Vorzeichen von Gesundheit und Optimierung
−    Normierung und Normalisierung durch Gesundheitsvorstellungen
−    Popularisierung medizinischen und gesundheitswissenschaftlichem Wissens
−    „Neue Gesundheitskultur“ und Entgrenzung von Krankheits- und Gesundheitsvorstellungen

Neben dem Austausch über gemeinsame Themen und Fragen zum Thema Gesundheit und Alltagskultur aus der inter- und transdisziplinären Perspektive der Geschlechterforschung soll das Forum auch der Vernetzung dienen.

Wir freuen uns über eine anregende Diskussion!

Eva Sänger (Dr. phil, M.A. Soziologie) ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fachbereich Gesellschaftswissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt. Ihre Arbeitsgebiete sind Geschlechtersoziologie, Biopolitik, Körper-, und Wissenssoziologie, feminist technosciences.

Charlotte Ullrich (Dr. rer. soc.) ist Postdoktorandin am Forschungskolleg „Familiengesundheit im Lebensverlauf“ an der Hochschule Osnabrück. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind Geschlechterforschung, Medizin- und Gesundheitssoziologie, Körpersoziologie und qualitative Methoden. Aktuelle Veröffentlichungen: Medikalisierte Hoffnung? Eine ethnographische Studie zur reproduktionsmedizinischen Praxis (2012, transcript).

Sophia Gayana Ermert
Zur Unterscheidung von ‚Privatheit‘ und ‚Intimität‘
Forum 2

‚Das Private ist politisch’ ist ein Slogan der im Kontext der zweiten Frauenbewegung berühmt geworden ist. Im englischen lautet der Satz ‚The Personal is Political’. Ins Deutsche übersetzt findet sich auch: ‚Das Persönliche ist politisch’. Besteht nun ein qualitativer Unterschied zwischen dem Wort ‚persönlich’ und ‚privat’? Verweist ‚personal’ auf den Bereich des Intimen? Welcher Unterschied besteht zwischen ‚Intimität’ und ‚Privatheit’?

In diesem Forum soll es um die Frage gehen, wie sich ‚Privatheit’ und ‚Intimität’ unterscheiden. Welche Bedeutungsebenen werden aus der Perspektive unterschiedlicher wissenschaftlicher Disziplinen bei der Verwendung der Begriffe aufgerufen? Gibt es Überlagerungen oder Uneindeutigkeiten? Wenn ja welche? Das Forum soll Möglichkeit zum Austausch und zur Diskussion der Fragen aus einer inter- / transdisziplinären Perspektive bieten.

Sophia Gayana Ermert, M.A., wissenschaftliche Mitarbeiterin an der HU Berlin, Promotion in den Gender Studies zu „Konzeptionen feministischer Öffentlichkeit(en)“

Ulrike Knobloch
Feministische Ökonomie
Forum 3

Dieses Forum bietet die Möglichkeit, sich zum Thema Feministische Ökonomie auszutauschen und zu vernetzen. Mögliche Diskussionspunkte sind:

– Geschlechterforschung in den Wirtschaftswissenschaften
– Feministische Ökonomie als Teil der Gender Studies in D, A und CH?
– Frauen in der Wirtschaft versus Feministische Ökonomie
– Sorgeökonomie als Teil der Feministischen Ökonomie
– Heterodoxe Feministische Ökonomie
– Global Economic Governance aus Geschlechterperspektive
– Wirtschafts-, Umwelt-, Nahrungsmittel- und Sorgekrise aus Geschlechterperspektive

Ulrike Knobloch, Dr. oec. und Diplom-Volkswirtin, ist Oberassistentin mit Schwerpunkt Gender am Departement Sozialwissenschaften der Universität Freiburg Schweiz und selbständige Wissenschaftlerin mit Lehraufträgen und Forschungsprojekten im Bereich Gender – Ökonomie – Ethik. Forschungsschwerpunkte: Wirtschaftstheorie der bezahlten und unbezahlten Arbeit, Wirtschaftsethik aus Geschlechterperspektive, Ordnungspolitik im globalen Kontext, Sozialwirtschaft und Non-Profit-Management.

Aline Oloff
Nachwuchs in den Gender Studies
Forum 4

Bereits bei der ersten Jahrestagung der Fachgesellschaft 2011 in München hat es ein Nachwuchsforum gegeben, bei der zweiten Jahrestagung 2012 in Oldenburg ist auf dem Nachwuchsforum die Initiative »Institutionelle Zukunft und Nachwuchs« entstanden. Auch in diesem Jahr möchten wir die Möglichkeit nutzen, Nachwuchswissenschaftler_innen in den Gender Studies innerhalb der Fachgesellschaft Geschlechterstudien zu vernetzen und miteinander ins Gespräch zu bringen. Im Forum werden wir die Initiative vorstellen und die Diskussionen der letzten beiden Nachwuchsforen zusammenfassen. Auf dieser gemeinsamen Basis möchten wir mit den Teilnehmer_innen aktuelle Fragen des Studierens, Promovierens und Habilitierens in den Gender Studies oder mit einem Gender- Fokus in einer anderen Disziplin identifizieren und diskutieren. Neben dem Erfahrungsaustausch soll die weitere Vernetzung des Gender-Nachwuchses im Mittelpunkt des Forums stehen. Welche Kommunikationsformen brauchen wir? Wie können wir die Strukturen der Fachgesellschaft nutzen, um füreinander sichtbar zu werden? Wie stehen die Fachschaften miteinander in Kontakt? Wäre eine Vernetzung der Graduierten-Kollege mit Gender-Fokus sinnvoll? Welche Vernetzungsangebote gibt es bereits an einzelnen Standorten (bspw. den Doktorand_innentag in Niedersachsen) und wie können wir diese nutzen?

Aline Oloff für die Initiative »Institutionelle Zukunft und Nachwuchs«.

Corinna Bath/ Juliette Wedl
(Große) Interdisziplinarität
Forum 5

Frauen- und Geschlechterforschung ist von Beginn an mit dem Anspruch interdisziplinären Arbeitens angetreten, denn Konstituierungs- und Herstellungsweisen von Geschlecht lassen sich nicht aus einer fachdisziplinären Perspektive heraus verstehen. Heute wird immer deutlicher, wie stark diese Prozesse mit Technologien und wissenschaftlichem Wissen verschränkt sind. Die geschlechterwissenschaftliche Übersetzung zwischen Natur-/Ingenieurwissenschaften und Gesellschafts-/Kulturwissenschaften steckt jedoch noch in den Anfängen.

Im Workshop möchten wir (die Bedingungen der Möglichkeit) von Interdisziplinarität, insbesondere der großen, diskutieren und Vorschläge für ihre Umsetzung in der Fachgesellschaft erarbeiten.

Corinna Bath, Professorin für Gender, Technik und Mobilität an der Technischen Universität Braunschweig (Institut für Flugführung) und Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften Juliette Wedl, Dipl.-Soz., Geschäftsführung des Braunschweiger Zentrums für Gender Studies, Promotion zu Gender(performanz) in den Printmedien